Tag 3 auf der IFLA WLIC 2023 bot für mich zahlreiche Möglichkeiten, den Networking-Aspekt des Konferenzgeschehens stärker in den Fokus zu stellen. Insbesondere die Poster Session bot dafür einen perfekten Anlass: die Aussteller*innen standen für Fragen bereit und gingen proaktiv auf die Besucher*innen zu. So konnte ich in einige wirklich gute Gespräche führen, bei denen ausnahmslos die Begeisterung für ihre Arbeit, die Offenheit für Austausch und Zusammenarbeit und die hohe (man möchte bei einigen bewundernd sagen: grenzenlose) Motivation von Bibliothekar*innen weltweit. Auch die Erkenntnis, dass uns von Kanada bis Taiwan dieselben Themen umtreiben, war verbindend. Dass die Probleme und Anliegen der Bibliotheksarbeit sich im Kern weltweit nur wenig voneinander unterscheiden, hat mich doch überrascht – Faktoren wie Größe der Bibliothek und Menge der dort Arbeitenden sowie finanzielle Ausstattung und hierarchische Strukturen bedingen etwaige Unterschiede weit mehr als geografische und politische Lage. Aus einigen Gesprächen ergaben sich daher auch direkt nachmittägliche Verabredungen zum intensiveren Austausch über gemeinsame Themen.
Vom inspirierenden Austausch abgesehen waren die Poster aber auch inhaltlich spannend, da sie eindrücklichst die vielfältige praktische Arbeit zeigen, die Bibliotheken weltweit leisten: von Open-Source-Suchsyntax-Tools (https://medsyntax.org) über ein Onlinespiel zur Nachhaltigkeit in Bibliotheken (https://www.liluslibrary.ch/), ein Online-Portal für feministische Kunst (https://judychicagoportal.org/) und nationalen Infrastrukturen für institutionelle Repositorien (https://manara.qnl.qa/) bis hin zu zahlreichen Projekten in den Bereichen SDGs (Sustainable Development Goals) und Leseförderung. Wer Interesse hat, kann die Liste aller ausgestellten Poster hier bequem von zu Hause anschauen und sich damit einen Eindruck verschaffen: https://2023.ifla.org/poster-sessions/
Das Session-Highlight war für mich (meines Zeichens Bibliothekarin in den Bereichen Hochschulbibliografie/Repositorium und Teaching Library an der Bibliothek der Technischen Hochschule Ingolstadt) heute überraschenderweise „ Utopia, threat or opportunity first? Artificial Intelligence and machine learning for cataloguing”, insbesondere der Vortrag von Kevin Ford von der Library of Congress. Humorvoll begonnen mit der nicht unwahren Aussage “yet another artificial intelligence talk“ führte er den Zuhörer*innen das große – und wie mehrfach betont: positive (!) – Potential künstlicher Intelligenz für die Zukunft der zeitaufwendigen Katalogisierungsarbeit vor Augen und schaffte es, auch die durchaus kritischen Nachfragen der Katalogisierer*innen im Publikum mit großem Realismus zu beantworten: neue AI-Technologien sind bereits jetzt unsere Realität und werden es bleiben; es liegt an uns als Bibliothekar*innen, für alle unsere Workflows einen Umgang damit zu finden und dabei unsere einzigartige Expertise zu erweitern. Zugegeben eine reichlich amerikanische Sicht auf die Dinge, damit aber keinesfalls weniger wahr!