Vom 11. bis zum 15. September habe ich an der diesjährigen Studienreise der BID in die Tschechische Republik teilgenommen. Hier hatten wir die Möglichkeit, viele verschiedene innovative Bibliotheken zu besichtigen und sich mit anderen Bibliotheksmitarbeitenden aus Deutschland und Tschechien auszutauschen.
Bibliothek Havlíčkův Brod
An unserem vierten Tag der Studienreise ging es von Olomouc zunächst in die Stadt Havlíčkův Brod. Dort ging es in die Vysočina Regionalbibliothek. Die 1894 als Stadtbibliothek gegründete Bibliothek erhielt von 2018 bis 2020 einen Neubau, der sehr modern ausgestattet ist.
Uns begrüßten eine beeindruckende Glasfassade und eine große Holztreppe, die sich wunderbar für ein Gruppenfoto eignet :). Außerdem gibt es in der Bibliothek ein kleines Café. Nach einem kurzen Vortrag über die Geschichte der Bibliothek wurden wir durch die drei Etagen geführt, von denen zwei für die Öffentlichkeit zugänglich sind und eine für die interne Arbeit dient. Der Bestand beträgt momentan etwa 394.000 Medien. Davon ist ein großer Anteil Ausleihbestand, es gibt aber auch Präsenzbestand. Für besondere Begeisterung in der Gruppe sorgten der Rückgabeautomat und die modernen Ausleihsysteme. Die Benutzungsbereiche und Lesesäle sind sehr freundlich und offen eingerichtet. Zudem gibt es extra ruhige Arbeitsplätze, sogenannte Boxen, die Nutzende kostenlos buchen können, um in Ruhe arbeiten zu können. Diese sind wohl auch sehr gefragt. Allgemein werden in Tschechischen die Bibliotheken sehr gerne als dritter Ort genutzt und ich habe immer wieder beobachten können, wie gut die Bibliotheken besucht wurden. Auch die Abteilung für Menschen mit Behinderungen ist sehr groß und hat eine spezialisierte Mitarbeiterin, die unter anderen auch die Braille-Bücher betreut.
Uns wurden auch die Büros, in denen die Erschließungsarbeiten für die anderen Bibliotheken durchgeführt werden, gezeigt. In der Digitalisierungs-Abteilung, die seit 2012 besteht, gab es eine Sache, die unter den Beteiligten der Studienreise für große Begeisterung sorgte: Ein Digitalisierungsgerät, das die Seiten selbst umblättert! Ich persönlich hätte bei diesem spannenden Prozess noch ewig zuschauen können, aber dann ging es gleich zur Mittagspause in einem kleinen Bistro in der Stadt mit lokalen Speisen und Getränken.
Stadtbibliothek Pisek
Nach dieser geselligen Stärkung ging es mit einer ca. zwei Stunden langen Busfahrt nach Pisek. Dort besuchten wir dann die Stadtbibliothek, die 2019 ebenfalls ein neues Gebäude erhielt. An der Außenfassade, an der Bücher zu sehen sind, erkennt man sofort, welche Art von Institution sich in diesem Gebäude befindet. Auch hier hat die Nutzerfreundlichkeit und Offenheit für alle einen hohen Stellenwert. Dies zeigt sich unter anderem durch viele Coworking Spaces, ein Independent Cafe und einen großen Innenhof samt Spielplatz. Auch gibt es in diesem Innenhof einen thematisch passenden Brunnen, der mit Buchstaben dekoriert ist. Auch hier ging es mit einer Führung über mehrere interessante Etagen.
Los ging es mit der Dachterrasse, durch die man einen wirklich wunderbaren Blick auf die Altstadt von Pisek hatte. Hier fiel mir sofort auf, dass ein Teil des Daches mit Steinen übersät ist. Das führte zunächst natürlich zu etwas Verwirrung. Auf Rückfrage hin stellte sich heraus, dass diese Steine zur Regulierung der Temperatur in den sehr modernen Magazinen mit ebenso modernen Rollregalanlagen beitragen. Dadurch zeigt sich nochmal, dass bei der Gestaltung des Gebäudes auch viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wurde.
Dann ging es nochmal etwas höher und zwar in einen Ausblicksturm, der auch oft für Astronomieunterricht genutzt wird. Das Equipment dort hat mich sehr beeindruckt. Allgemein bieten die Bibliotheken in der Tschechischen Republik viele kulturelle Veranstaltungen und lehrreiche Kurse an. Das Angebot der Bibliotheken dort lässt sich ungefähr mit dem Angebot der Volkshochschulen bei uns vergleichen. Dies spiegelt sich auch in den zahlreichen passend gestalteten Themenbereichen wider. Es gibt unter anderem eine Lehrküche, einen IT-Unterrichtsraum und vieles mehr.
Mich persönlich hat besonders der liebevoll eingerichtete Kinderbereich begeistern können. Dieser ist extra auf die Bedürfnisse der jungen Nutzenden eingerichtet. Das sieht man an den Ausleihtheken in Kindergröße, einer gemütlichen Leseecke (samt Rutsche) und zwei Aquarien. Außerdem gab es einen extra “Teen”-Bereich für Jugendliche mit altersgerechter Literatur. Hier konnte man auch viele Nutzende, die gerade ihre Hausaufgaben erledigten oder gemeinsam lernten, sehen. Das fand ich irgendwie schön zu sehen, da die zahlreichen Sitzsäcke und sonstigen Möglichkeiten zum Verweilen dazu einluden.
Nach diesen zwei wirklich beeindruckenden Führungen spazierten wir noch am Fluss Otava entlang, besuchten die bekannte „steinerne Brücke” und schauten uns die berühmten Sandfiguren von Pisek an. Damit ging ein weiterer ereignisreicher und lehrreicher Tag unserer Studienreise zu Ende.