Aktuelles

Die IFLA WLIC 2023 startet

IFLA-Logo with hyperlink to https://2023.ifla.org

Vorfreude: der 88. World Library and Information Congress (WLIC) 2023 startet heute sein offizielles Programm in Rotterdam. Vorab gab es zwar schon einige Satellite, Caucus und Division Meetings, ab heute aber nun das “normale” Programm für alle.

Die Übersicht über vergangene Kongresse verrät mir, dass der WLIC, so „fern“ er sich oft anfühlt, auch bereits viermal schon in Deutschland war. Zuletzt 2003 in Berlin und, überraschend, gleich zweimal in München. Mein Einstieg ins Bibliothekswesen war jedoch erst 2010, weshalb ich nun umso mehr auf meinen ersten WLIC gespannt bin. Auf der BiblioCON bin ich regelmäßig, weshalb ich anfangs vermutet habe, dass der WLIC ähnlich abläuft. Jedoch merke ich schon vorab und am ersten Tag Unterschiede. 

Wer blogt hier

Ich, das ist Markus Putnings, BI International Impulsstipendiat des Jahres 2023. Auf Deutschlandebene kennen mich manche ggfs. über das herausgegebene Praxishandbuch Forschungsdatenmanagement und über Projekte wie DeepGreen. Dazu bin ich aktiv im Bereich Library Publishing. Ich vertrete als einer von mehreren Kolleginnen und Kollegen die AG Universitätsverlage nach außen, im sogenannten Sounding Board. Meine Arbeitsschwerpunkte sind, wie man schon merkt, Open Access, Library Publishing und Forschungsdatenmanagement. International bin ich noch nicht so aktiv. Ich bin derzeit in der Knowledge Exchange Gruppe “Small Publishers and the Transition to Open Access”.

Ich werde in den kommenden Tagen für Sie jeweils morgens meine Pläne und Gedanken zum anstehenden WLIC Tag bloggen und anschließend, je nachdem, wie ich dazu komme, die Berichte zu den Vorträgen und Sessions. Immer vorausgesetzt, unvorhergesehene Begegnungen werfen nicht alles durcheinander:

Apropos: viele meiner Drittmittelprojekte oder Publikationen entstanden durch den spontanen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Ich freue mich entsprechend sehr auf die internationale Vernetzung und über jede*n, die bzw. der meine Blogbeiträge die nächsten Tage liest und mich kontaktiert. 

Let’s work together, let’s library

Kennenlernen und Zusammenarbeiten passt auch gut zum diesjährigen WLIC-Motto „Let’s work together, let’s library“. Dem Grußwort des niederländischen Nationalkomitees entnehme ich, dass das Motto mit dem Geist des niederländischen Humanisten Desiderius Erasmus von Rotterdam verbunden ist. Mit dem Namen Erasmus verbinden sich für mich viele positive Erinnerungen an Erasmus-Aufenthalte im Rahmen von Library Staff Exchange Weeks. Negativ dagegen die Vereinnahmung durch die AFD mit ihrer parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Desiderius Erasmus hätte dies allerdings mit Humor genommen und in seiner Narrenliteratur, etwa dem Moriae encomium, zu Deutsch: Lob der Torheit, verarbeitet.

Ich persönlich freue mich jedoch, dass der humanistische Geist von Erasmus beim WLIC in vielen Vorträgen zu Ungleichheit, Barrierefreiheit, Demokratie, Geschichtsaufarbeitung/Kolonialismus, Ethik, Green Libraries und vielem mehr zum Ausdruck kommt, siehe iPLANNER zum WLIC.

Geplantes und Ungeplantes

Bei der Durchsicht der Programmpunkte fallen mir auch die ersten Unterschiede zur BiblioCON auf. Die Rotterdamer scheinen Frühaufsteher zu sein. Während bei der BiblioCON alle Vorträge um 9.00 Uhr beginnen, fängt der WLIC in der Regel schon um 8.30 Uhr an.

Die BiblioCon sieht zudem indirekt eine Mittagspause vor, indem sie firmen- oder produktbezogene Vorträge in die Zeit zwischen 12.30 und 14.00 Uhr legt. Der WLIC ist enger getaktet und lässt oft nur eine Viertelstunde zwischen einem Vortrag bis 12.45 Uhr und dem nächsten um 13.00 Uhr. Ich selbst bin mit meinem angenommenen Poster in zwei Poster-Sessions eingeplant, die jeweils von 12.00 bis 14.00 Uhr dauern. Anwesenheit ist natürlich Pflicht, weshalb ich mir geistig vermerke, mich an diesen Tagen rechtzeitig mit Essen zu versorgen, um nicht unleidlich zu werden. Schwierig könnte es bei der engen Taktung tatsächlich auch werden, wie oben erwähnt alles “Ungeplante”, also die vielen zufälligen Begegnungen und Bekanntschaften, die man auf Konferenzen außerhalb der Vorträge macht, zu ermöglichen. Notfalls werde ich dafür u.a. den Cultural Evening nutzen.

Außerdem habe ich ein sogenanntes Braindate geplant, etwas, das ich von der BiblioCON her noch nicht kenne. Hier kann man ein Thema in den Raum stellen und andere können dann zu einem bestimmten Zeitpunkt dazu kommen, um das Problem zu lösen oder zu diskutieren. Ich möchte mich zum Beispiel mit japanischen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren vernetzen, da ich nächstes Jahr ein Sabbatical mache und einen Monat in Japan sein werde. Auf den japanischen Bibliotheksseiten findet man aber nirgends persönliche Ansprechpartner, auch auf LinkedIn o.ä. ist kaum jemand zu finden. Mein Braindate-Thema lautet daher schlicht „How to network with Japanese librarians?

Meine restliche Planung sieht Vorträge in meinen Arbeitsschwerpunkten vor, z.B. “IFLA’s global role in Open Access – engaging networks and partnerships for sustainable progress”. Und viele im iPLANNER orange markierte IFLA-spezifische Sitzungen wie die “IFLA President Session” oder “Over to you: IFLA Strategy Session – taking stock, looking ahead”: Ich möchte mehr über die Arbeit von IFLA erfahren. 

IFLA –  The Good, the Bad and the Ugly? 

Es gilt ja das Sprichwort “Auch schlechte PR ist gute PR” und so ähnlich ist es mit der IFLA. Ich war in meiner Anfangszeit als Bibliotheksreferendar kurz persönliches Mitglied. Leider bekam ich in diesen zwei Jahren keine Post, keine E-Mail, kein Vernetzungsangebot, keinerlei Info – weshalb sich mir der Nutzen nicht erschlossen hat und ich die persönliche Mitgliedschaft beim Einstieg in das reguläre bibliothekarische Berufsleben gekündigt habe. Interessehalber habe ich eben noch einmal diese persönliche Mitgliedschaft gegoogelt: unter IFLA Deutschland finde ich im Mitgliederbereich die persönliche Mitgliedschaft gar nicht mehr. Unter https://www.ifla.org/de/mitgliedschaft/ kommt beim Klick auf “IFLA-Mitglied werden” die Meldung “Oops! This page was removed, renamed or doesn’t exist”. Auch seltsam.

Lange Zeit bekam ich dann nur wenig von der IFLA mit. Erst der BuB Artikel “ Schwere Vorwürfe gegen IFLA. Toxische Arbeitsatmosphäre und Intransparenz: Das schwedische Bibliotheksmagazin „Biblioteksbladet“ erhebt in seiner neuen Ausgabe schwere Vorwürfe gegen die IFLA” hat die IFLA wieder in mein Bewusstsein gerufen, gefolgt von der kontroversen Entscheidung für Dubai als Veranstaltungsort der WLIC 2024, siehe wiederum BuB. Bei beiden Vorfällen beschäftigt man sich dann mit den Strukturen, man findet tolle Gremien wie das Advisory Committee on Freedom of Access to Information and Freedom of Expression, die LGBTQ Users Special Interest Group oder die Library Services to Multicultural Populations Section. Oder für meine Arbeitsschwerpunkte die Library Publishing Special Interest Group und die Science and Technology Libraries Section. – Und wundert sich, woher diese Fettnäpfchen kommen. Schaffen es die eigenen IFLA SIG Ziele wie z.B. “to raise awareness, offer support and information, and encourage dialogue about LGBTQ+ lives, so all community members and library staff can thrive and be heard” (https://www.ifla.org/de/units/lgbtq/) nicht bis “ganz nach oben”? Wo ist die organisatorische Schwachstelle? Lohnt es sich entsprechend überhaupt, sich in den Gremien zu engagieren oder ist es mehr Frust als Lust?  

Ich hoffe, in den Sitzungen wie der “IFLA President Session” oder “Over to you: IFLA Strategy Session – taking stock, looking ahead” und natürlich auch von den Gremienmitgliedern mehr darüber zu erfahren und dass die Negativ-PR thematisiert wird. Ich halte Sie auf dem Laufenden!

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