Nun neigt sich auch schon der dritte Kongresstag dem Ende zu. Wieder einmal gab es einige interessente Veranstaltungen, die ich gerne in diesem Blogbeitrag aufgreifen möchte.
Collecting News in Times of Conflict and Crisis
Bei „Collecting News in Times of Conflict and Crisis“ ging es vor allem darum, das Bewusstsein zu erhöhen, dass die Dokumentation gegenwärtiger Krisen (z. B. Corona, Russlands Krieg gegen die Ukraine) wichtig ist, um diese Ereignisse auch für die gegenwärtige und zukünftigen Generationen zu bewahren. Dass bei dieser Gemeinschaftsaufgabe auch Bibliotheken eine Rolle spielen, zeigten insgesamt fünf Präsentationen, welche beispielhaft demonstrierten, wie in Zeiten von Krisen Erinnerungen bewahrt werden können und dazu auch Projekte vorstellten.
So entwickelte z. B. die University of North Texas (UNT) Libraries die App „Keeper“, welche inzwischen Open Source zur Verfügung steht. Während Corona diente Keeper als eine Möglichkeit für UNT-Angehörige, ihre Erfahrungen auf Keeper zu teilen und somit zu bewahren. Dafür können auf Keeper u. a. Fotos, Videos und Dokumente eingereicht werden. Mithilfe der Anwendung werden somit UNT-Erinnerungen langfristig bewahrt.
Weitere Themen waren die Webarchivierung und damit verbundene Methoden und Strategien in Bezug auf thematische Sammlungen wie Covid-19 (National Library and Archives Canada) sowie die Rolle der kolumbianischen Bibliotheken bei Informationen über den Bewaffneten Konflikt in Kolumbien.
Daneben wurde vor dem Hintergrund des Kriegs gegen die Ukraine das Ukraine Art Aid Center (Netzwerk Kulturgeschichte Ukraine) vorgestellt, in dem verschiedene Kultureinrichtungen zusammenarbeiten, um das ukrainische Kulturerbe zu schützen und gegen Desinformation vorzugehen. Letztlich wurde auch SUCHO vorgestellt. SUCHO steht für „Saving Ukrainian Heritage Online“ und wurde angesichts des Krieges 2022 gegründet. Dabei arbeiten über 1.500 Freiwillige aus mehr als 38 Ländern bei der Digitalisierung des ukrainischen Kulturerbes mit. SUCHO umfasst bereits über 5.000 Websites und mehr als 51 TB an Daten aus verschiedenen Kultureinrichtungen.
The Artificially Intelligent Librarian: threat or chance?
In der heutigen Keynote Session wurde das auf dem Kongress sehr präsente Thema „Artificial Intelligence“ (AI) bzw. Künstliche Intelligenz (KI) nochmals aufgegriffen. Dabei näherten sich die beiden Referenten Erik Boekesteijn und Eppo van Nispen dem Thema KI und Bibliotheken aus einer humorvollen Sichtweise. Deutlich wurde der Punkt, dass AI im Sinne von „All Inclusive“ für alle zur Verfügung stehen sollte und hierbei Bibliotheken eine Rolle spielen können. Zur Auflockerung hieß es mitten im Vortrag: „Jetzt bitte aufstehen! Lasst uns gemeinsam lachen und die Person neben uns umarmen.“
Poster Session
Insgesamt 197 Poster sind auf dem diesjährigen IFLA-Weltkongress ausgestellt. Wie gestern gab es auch heute wieder die Möglichkeit, von 12 bis 14 Uhr bei der Poster Session mit den Ersteller:innen dieser Poster ins Gespräch zu kommen. Hier konnte man Fragen stellen und weitere Informationen zu den jeweiligen Postern erhalten. Nach dem Besuch dieser Posterpräsentation ging ich mit einigen Informationsmaterialien heraus und war froh, so viele interessante Gespräche mit Kolleg:innen führen zu können.
Utopia, threat or opportunity first? Artificial Intelligence and machine learning for cataloguing
Ein weiteres Thema am Nachmittag zur KI war der Vortrag „Utopia, threat or opportunity first? Artificial Intelligence and machine learning for cataloguing“. Ein Referent spielte bereits humorvoll auf die Häufung dieser Themen zu KI an, indem er für seine Präsentation „Is ChatGPT an Existential Threat or merely a bad dream?“ den Alternativtitel „YAAIT: Yet Another Artificial Intelligence Talk” nannte. In insgesamt vier Präsentationen wurde auf die Auswirkungen und den möglichen Nutzen von AI bzw. maschinellen Lernen für die Katalogisierung in Bibliotheken eingegangen.
Zunächst wurde eine Untersuchung der Universidad de León vorgestellt, welche sich mit dem Einsatz von textgenerative AI-Tools, wie ChatGPT oder NotionAI, bei der Katalogisierung verschiedener Materialien in RDA oder MARC befasste. Die Ergebnisse zeigen, dass mit den Tools nur einfache Katalogisierungsfälle gelöst werden können und oftmals Fehler auftreten, sodass eine intellektuelle Überprüfung notwendig bleibt. Festgehalten wird schließlich, dass die Eignung dieser Tools für die Katalogisierung begrenzt ist und es notwendig wäre, speziell für die Katalogisierung geeignete AI-Tools zu entwickeln.
Des Weiteren wurde auf die Bemühungen von OCLC zur Deduplizierung von Aufnahmen im WorldCat mithilfe maschinellen Lernens eingegangen. Dies ist dort besonders relevant, da der umfangreiche Katalog über sehr viele Duplikate verfügt.
Eine weitere Präsentation zeigte auf, wie die Katalogisierung automatisiert ablaufen könnte. Dafür hat die KBR (Royal Library of Belgium) in Zusammenarbeit mit Microsoft einen Workflow erstellt. Durch eine derartige Automatisierung könnte Zeit- und Arbeitsaufwand eingespart werden, wodurch mehr Zeit für andere Aufgaben frei werden würde.
In der letzten Präsentation wurden die Auswirkungen von KI für Katalogisierende diskutiert. Letztlich wurde betont, dass das Ziel der Bibliotheken qualitativ hochwertige Daten sein sollten. Die Frage ist nicht, ob durch KI-Tools eine Bedrohung für Katalgoisierende besteht, sondern wie diese Technologien zum eigenen Vorteil und zur Verbesserung des Services genutzt werden können.
Morgen ist bereits der letzte Kongresstag, bevor dann am Freitag die „Library Visits“ anstehen. Ich freue mich auf die nächsten beide Tage und bin gespannt, welche weiteren Impressionen uns erwarten werden.