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Mit wehenden Fahnen – Tag 4 des WLIC

Der letzte Tag der diesjährigen IFLA-WLIC ist angebrochen. Morgens merkt man bereits in den Gängen: Es ist weniger los als in den letzten Tagen, manche Kaffeestationen werden schon abgebaut (und das, wenn man sie am dringendsten braucht!), die Konferenz neigt sich nun wirklich ihrem Ende zu. Doch natürlich sind immer noch einige spannende Panels, die ausstehen und am Ende wartet noch die Abschlusszeremonie auf alle Teilnehmer:innen.

 Katastrophen in der Bibliothek….

Die Panels, von denen ich für diesen Tag berichte, drehen sich alle irgendwie um Katastrophen. In der frühmorgendlichen Sitzung zu „Copyright after the Pandemic: Digitization, AI and other emerging issues“ wurde thematisch an die Sitzung zu ebook-Lizenzierungen angeschlossen. Die drei Präsentationen setzten sich mit der problematischen Lizensierungssituation und Controlled Digital Landing in Nordamerika vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie auseinander. Dabei stellte sich das Problem, dass viele der jeweils abgeschlossenen Lizenzen den lizenznehmenden Bibliotheken ein zu starres Handlungskostüm auferlegt haben, mit dem die Bibliotheken nur schwer auf die veränderten Bedingungen reagieren konnten. Besonders im Lehrbuchbereich zeigt sich hier für viele Bibliotheken große Probleme, weil die Studierenden auf eine Versorgung angewiesen waren und lediglich auf den ebook-Bestand zugreifen konnten, da der Printbestand teilweise nicht zugänglich war. Das Panel hat dazu angehalten, aus den Erfahrungen der Pandemie zu lernen und auch an dieser Stelle kam es zu einem herzhaften Plädoyer für eine neue Lizenzierungspraxis.

Katastrophisch ging es im Anschluss weiter unter dem Titel „In the Event of a Disaster: Workshop to Plan for the Unexpected“. Der Fokus lag hier auf Bedrohungen durch Naturkatastrophen oder andere elementare Herausforderungen für den Bestand: Seien es Waldbrände, eine Flut oder die versehentlich ausgelöste Sprinkleranlage – sie alle stellen eine enorme Bedrohung für den Bestand dar und es wurden aus unterschiedlichen Perspektiven geschildert. Angesichts von Klimaerwärmung und dem damit einhergehenden Anwachsen katastrophischer Naturereignisse sicherlich ein Wissen, das auch in deutschsprachigen Bibliotheken von Nutzen sein kann.

 

…und ein ambivalenter Abschied.

Offizielles Ende bildete schließlich die Abschlusszeremonie, zu der noch einmal alle Teilnehmer:innen eingeladen waren. Bestimmt von einem relativ strikt wirkenden Protokoll konzentrierte sich die Veranstaltung insbesondere die Verleihung unterschiedlicher IFLA-interner und -externer Preise und die dazugehörigen Laudationes. Schlusspunkt bildete schließlich die Vorausschau auf die kommende IFLA-WLIC in Dubai. Dass die Wahl des Veranstaltungsortes umfangreiche Diskussionen in der Community ausgelöst hat, ist hinlänglich bekannt. Auch auf der Jahrestagung wurde dies intensiv unter den Teilnehmer:innen diskutiert und hat in der General Assembly schließlich zu einem sehr deutlichen Votum gegen den Kongressort geführt (vgl. dazu auch folgenden Artikel). Dies wurde auch bei der Abschlusszeremonie deutlich: Kaum ist das Stichwort Dubai gefallen, wurden Regenbogenfarben gehisst, Teilnehmer:innen sind zum Protest aufgestanden und haben sehr deutlich gemacht: Ein (nicht gerade kleiner Teil) der inklusiven Gemeinschaft von Bibliothekar:innen trägt diese Entscheidung nicht mit. Diese Form des Protestes erschien mir angemessen – auch, dass die Teilnehmer:innen noch einmal in einer symbolischen und wenig disruptiven Art und Weise ihr Statement zu der Entscheidung ihrer IFLA-Repräsentant:innen abgeben wollen, ist nachvollziehbar. So funktioniert demokratischer Dialog – wenn denn beide Seiten zu Gesprächen bereit sind. Doch das war nicht unbedingt gegeben, überraschend nämlich war für mich die Reaktion der IFLA-Verantwortlichen, nämlich: gar keine. Auf die Ankündigung des Austragungsortes folgten ein hochstilisiertes Werbevideo und ein paar Worte zu Dubai – und keine Form des Anerkennens von Bedenken („Wir wissen, es gibt Vorbehalte,…“ o.Ä.) oder ein Adressieren der friedlich Protestierenden. Für mich bedeutet das auch, dass der Gesprächswunsch ebenso wenig angenommen wurde wie Bedenken ernst genommen. Dass die Entscheidung für Dubai aus logistischen Gründen eventuell nicht mehr zurückgezogen kann, ist die eine Sache – dass jedoch die Vorbehalte der Kolleg:innen noch nicht einmal angemessen adressiert werden,  eine ganz andere. Das wiegt für mich schwer, vor allen Dingen in einem Arbeitsbereich, der sich Inklusion und Teilhabe so sehr verschrieben hat. Am Ende bleibt für mich ein etwas fahler Nachgeschmack und das Bild von wehenden Regenbogenfahnen – die man im kommenden Jahr in Dubai wahrscheinlich nicht wird sehen können.

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