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„We love standards“ – WLIC 2023 Tag 3

Morgens um 8 sieht man die ersten müden Gesichter im Ahoy Konferenzzentraum in Rotterdam – der cultural evening am Vortrag hat sich lange gezogen, verpassen möchte man aber trotzdem auch am heutigen Konferenztag nichts, deshalb sind viele wieder früh wach und bewaffnen sich mit Kaffee oder Tee für die ersten Sitzungen. Nachdem ich am Vortrag die interessante Erfahrung gemacht hatte, dass im deutschsprachigen Bereich prominente Themen nicht in gleichem Umfang auf Interesse stoßen bei der Jahreskonferenz, nehme ich mir für den heutigen Tag vor, die IFLA und ihre Funktionsweise noch besser kennenzulernen.

Die IFLA ‚von innen‘

Neben dem Besuch eines Special Interest Group-Treffens fasse ich dazu besonders eine Sitzung ins Auge: Vom Panel „International Standards in the Digital Information Landscape. The Development and Consultation Process“, in dem die Entwicklung und Verabschiedung von IFLA-Standards in den einzelnen Special Interest Groups vorgestellt wird, verspreche ihr mir Einblicke in die Arbeitsweise der IFLA und ihrer Gruppen. Und meine Erwartungen werden nicht enttäuscht: Vorgestellt wird das neue IFLA Standards Manual, das mit den Worten „We love Manuals“ eingeführt wird und den Klassifizierungs-Eros der beteiligten Bibliothekar:innen mehr als deutlich macht. Doch neben der heimeligen Freude, die die auf jeden Fall nicht zu geringe Typologisierung von Standards bei einem selbst auslöst, wird die IFLA als eine normierende Instanz auf dem internationalen Bibliotheksmarkt – sei es für den wissenschaftlichen oder öffentlichen Bereich – sichtbar.

 

“We’re getting near the end of the conference, it feels like it”

Ein weiteres Highlight war für mich außerdem ein Panel mit dem nicht gerade aufmerksamkeitsheischenden Titel „ebooks“. Nach so viel Aufregung um künstliche Intelligenz und unsere Zukunft als Bibliothekar:innen dachte ich mir: ebooks – genau das Richtige für einen entspannten Mittwochnachmittag. Als Fachreferentin bin ich mit dem Thema ohnehin an vielen Stellen konfrontiert, so dass ich mich schließlich gemeinsam mit doch zahlreichen weiteren Besucher:innen in diese thematische Blackbox gewagt habe – um schließlich im positivsten Sinne überrascht zu werden: Als Update angesetzt, wurde das Panel u.a. von Kolleg:innen der NAPLE e-book working group und Knowledge Rights 21 bestritten, die so sympathisch waren, dass man dort auch gleich anfangen möchte zu arbeiten. Gemeinsamer Ausgangspunkt aller Beiträge war – weniger sympathisch – die problematische Marktsituation im ebook-Bereich: Für zum Teil enorm hohe Preise werden von Bibliotheken Lizenzen auf Zeit erworben, die teilweise willkürlich zurückgezogen werden können (wenn Titel nicht mehr Teil eines bundles sind) oder auch gemeinsam mit unattraktiven Titeln erworben werden müssen. Die Kosten sind enorm, gleichzeitig wird von den Nutzer:innen ein entsprechender Service erwrtet. Dass dies auch den öffentlichen Bibliotheksbereich beschäftigt, war mir vor den Beiträgen nicht in diesem Umfang klar. In jedem Fall wurde eindringlich auf das Problembewusstsein der Zuhörenden eingewirkt und sicherlich das ein oder andere revoluzzenden Aufbegehren geweckt. Für diejenigen, die sich mit dem Thema auseindandersetzen wollen, hier der Link zum E-Book-Statement von Knowledge Rights 21: Knowledge Rights 21 – 21st Century Access to Culture, Learning & Research.

Emotional aufgewühlt hat das Thema schließlich auch die Konferenztechnik, die für einen kurzen Moment zum Anhalten gebracht wurde – inzwischen sitzen ihr und allen Teilnehmer:innen schließlich drei volle Konferenztage in den Knochen – oder, wie es die Panelleitung treffend beschrieben hat: “We’re getting near the end of the conference, it feels like it”.

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